Read more
"Anton Bruckner: 11 Symphonies" ist die erste Gesamteinspielung der Sinfonien der Wiener
Philharmoniker unter einem einzigen Dirigenten - Christian Thielemann. Die Edition enthält auf 11 CDs
neben den bekannten Sinfonien Nr. 1 bis 9 auch die sogenannte "Nullte", wie auch die
"Studiensinfonie" sowie ein 172 Seiten starkes Booklet. Die Veröffentlichung der Gesamteinspielung
erfolgt im Vorfeld des 200. Geburtstages des Komponisten im Jahr 2024. Bruckners Zyklus von neun
nummerierten und zwei nicht nummerierten Sinfonien ist eine der grossen geistigen Autobiografien der
Musikliteratur. Die symphonische Reise begann 1863 mit seiner so genannten "Studiensinfonie",
einem Werk, das die Gewandtheit des Komponisten in der Musiksprache seiner Zeit demonstrierte.
Drei Jahre später entstand Bruckners Sinfonie Nr. 1, deren kühner Schluss den Beginn einer grossen
symphonischen Karriere einläutete. Anspruchsvoll und selbstkritisch, unterdrückte Bruckner seine
nächste Sinfonie von 1869, die als "Nullte Sinfonie" bekannt wurde und oft aus den
Gesamteinspielungen ausgeschlossen wurde. Das hat Musiker wie Christian Thielemann nicht davon
abgehalten, ihre aufregenden Qualitäten zu erkennen, darunter ein mitreissendes Scherzo und ein
fesselndes Finale. Bruckners beschwingte Sinfonie Nr. 2, die darauffolgte, gehört zu seinen frischesten
und leichtfüssigsten Werken. Im Jahr 1873 schrieb er eine Sinfonie nach dem Vorbild von Beethovens
ikonischer Neunter, aber inspiriert von der Melodik Richard Wagners. Die Sinfonie Nr. 3 ist eine kühne
und klangvolle Sinfonie, die in der fruchtbarsten Schaffensperiode des Komponisten entstand. Ihr
folgte die populärste Sinfonie des Komponisten überhaupt: Bruckners "romantische" Sinfonie Nr. 4
kann wie ein musikalischer Monolith wirken, der aus einem einzigen Block gemeisselt wurde. Nur
wenige Sinfonien vermitteln Bruckners unverwechselbare Kombination aus Geheimnis und Wärme wie
dieses aussergewöhnliche, leuchtende Werk. Ein zutiefst verstörter Bruckner vollendete die 5. Sinfonie
1876, und die tragische Disposition des Werks führt zu einer überwältigenden Auflösung im letzten
Satz. Die 1881 vollendete 6. Sinfonie ist eine der faszinierendsten und ungewöhnlichsten Schöpfungen
Bruckners - ein Werk, in dem die gotischen Strukturen des Komponisten eine durchscheinende
Eleganz annehmen, heiter, zart, erhaben und edel. Keines seiner Werke hat Bruckner so viel Freude
und Stolz bereitet wie seine 7. Sinfonie. Sie ist seine zarteste Orchesterschöpfung und seine
unmittelbar schönste - ein Werk, das eine herzliche Lobrede auf Wagner enthält, aber auch vor
Aufregung und Flexibilität strotzt. Es wurde 1883 vollendet. Vier Jahre später beendete Bruckner die
erste Fassung seiner 8. Sinfonie, einer manchmal düsteren spirituellen Suche, die in glühender
Positivität endet, deren unbeantwortete Fragen aber noch lange nach dem Erklingen der letzten Note
nachwirken. Es ist ein Werk von zauberhafter Feierlichkeit und fesselnder Zeitlosigkeit, und es ist auch
die erste Bruckner-Sinfonie, die den unverwechselbaren Klang der Harfe in sich trägt. Das Schicksal
wollte es, dass Bruckners 9. Sinfonie seine letzte sein sollte. Tatsächlich lag sie unvollendet auf dem
Schreibtisch des Komponisten, als er im Oktober 1896 starb. Selbst in den drei Sätzen, die der
Komponist fertigstellte, erleben wir intensive Kraft, kataklystischen Schrecken und erlesene
Zärtlichkeit. Ein grosses, verklärendes Adagio bildet Bruckners Epitaph.